Am 18.11.2024 haben wir, Imela und Nathalie aus der Q2, am Provenienzforschungsprojekt Library of Lost Books teilgenommen. Das Programm wurde vom Martin-Buber-Institut der Universität zu Köln und der Germania Judaica – Kölner Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums organisiert und befasste sich mit der Ermittlung von jüdischen Büchern, die ihren rechtmäßigen Eigentümern durch Zerstörung und systematischem Diebstahl vorenthalten wurden.
Zusammen mit Judaistik-Professoren und Studierenden bekamen wir eine Einführung in das Thema der Provenienzforschung und sowohl ihre historische als auch ethische Relevanz wurde uns vermittelt. Die radikale Zensur und Zerstörung jüdischer Medien, seien es Familienerbstücke, Kunst oder sakrale Gegenstände des Judentums, war eines der Hauptmerkmale des Dritten Reichs.
Aufgrund der antisemitischen Annahme, dass die Medien des „Feindes“ studiert werden müssten, um den „Gedankengang eines Juden“ deuten zu können, wurde eine unvorstellbare Anzahl von jüdischen Büchern gestohlen und von Institutionen wie dem Reichssicherheitshauptamt eingelagert. Durch Beschriftungen wie zum Beispiel Stempel von NS-Organisationen, aber auch handschriftliche persönliche Widmungen können die „Lebenswege“ dieser Bücher zurückverfolgt werden. Unsere Aufgabe bestand darin, die Stempel bzw. Widmungen zu identifizieren und NS-Raubgut zu archivieren. Wir erhielten eine Tour geleitet von Dr. Carlo Gentile (Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter für Judaistik), durch die wir einen exklusiven Einblick in einen Teil der Bibliothekssammlung erlangen durften. Die Bücher reichten von politischen Essays der Neuzeit bis hin zu religiösen Schriften und Volkserzählungen aus dem Mittelalter. Nach der Einführung im Martin-Buber-Institut wurde unsere Gruppe zum Historischen Archiv von Köln geführt. Selbstverständlich machten wir dort einige Bücher ausfindig, die als NS-Raubgut klassifiziert werden konnten. Was uns aber besonders in Erinnerung blieb, war ein Buch, welches Rita Klein, geborene Jakob, gehörte. Abgesehen von ihrer Unterschrift gab es zunächst keine Hinweise, aus denen sich weitere Informationen herleiten ließen. Durch eine mühelose Eingabe in eine Datenbank, die Informationen zu Holocaust Opfern enthält, konnten wir die Geschichte der Eigentümerin des Buches zurückverfolgen.
Sie wurde 1911 in Halle an der Saale geboren, auch Familienberichte und Hochzeitsfotos waren zu finden. Am 16.10.1944 wurde sie von einem Ghetto in Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. Unserer gesamten Gruppe war es möglich, zahlreiche Hinweise auf die Geschichte der Bücher zu entdecken und einen Einblick in das interessante Feld der Provenienzforschung und die Historie von NS-Raubgut zu erlangen. Selbst Bücher, die vor Entwendung der Hochschule für Judaistik Berlin gehörten, konnten wir wieder in die Datenbank eintragen. Die Zeit als „Bücherdetektivinnen“ hat uns unglaublich zugesagt und der Gedanke, Teil einer großen Initiative werden zu dürfen, die verlorene Literatur auf der gesamten Welt versucht wiederzufinden, hat uns motiviert, uns gründlichst ins Thema einzuarbeiten. Wir sind äußerst froh, Teil des Projekts geworden zu sein und empfehlen allen sehnlichst, sich weiter mit Library of Lost Books zu beschäftigen: Jeder kann dazu beitragen, dass entwendete Kunst wiedergefunden und die Literatur begabter und leidenschaftlicher Menschen nicht in Vergessenheit geraten muss!
Imela Johanna Andrea Odigbo und Afra Afrifa, Q2