Das Kaiser-Karls-Gymnasium (KKG) bietet in Form eines Kooperationskurses Schülerinnen und Schülern von Aachener Gymnasien das Schulfach Althebräisch an.

Mittwochnachmittag, kurz vor 17 Uhr: Lisa (16) verlässt das Kaiser-Karls-Gymnasium (KKG) – nach einem fast neunstündigen Schultag. Aber sie stört das nicht weiter: „Nein, gar nicht. Wenn man Interesse an einem Fach hat, finde ich, dass die Unterrichtszeit Nebensache ist.“

Lisa lernt Althebräisch: ein Fach, das in Deutschland Seltenheitswert hat und nur an wenigen Schulen angeboten wird. Geleitet wird der Kurs von Doris Nellessen-Wefers, die auf Althebräisch während ihres Theologiestudiums aufmerksam wurde. Fasziniert von der Sprache beschloss die katholische Religionslehrerin die Sprache zu erlernen, um sie später weiterzugeben.

Angeboten wird der Kurs allerdings nicht nur für Schüler des KKG, sondern für Interessenten aller Aachener Gymnasien, wie Doris Nellessen-Wefers erklärt. „Anders bekäme man eine ausreichende Anzahl an Kursteilnehmer gar nicht zusammen“, so die Lehrerin.  Daraus ergeben sich allerdings auch Schwierigkeiten. „Den Schülern muss das Fach natürlich so lieb sein, dass sie es auf sich nehmen, beispielsweise vom Inda-Gymnasium hier hinzukommen, um am Unterricht teilzunehmen“, sagt Schulleiter Dr. Paul-Wolfgang Jaegers. „Es geht aber aus schulorganisatorischen Gründen einfach nicht anders als den Kurs in den Nachmittag zu legen.“

Dass viele Schüler beim Thema Hebräisch zunächst auf Distanz gehen, kann Doris Nellessen-Wefers gut verstehen: „Das Hebräische gehört zu den semitischen Sprachen und somit zu einer anderen Sprachfamilie als der uns vertrauten indogermanischen. Wenn man dann noch bedenkt, dass es sich hauptsächlich um biblische Inhalte handelt, könnte für Schüler eine Entscheidung gegen das Fach naheliegend sein“. Doch gerade darin erkennt Doris Nellessen-Wefers auch eine Chance. So könne die „augenscheinliche Fremdheit“ zur Motivation werden sich der Herausforderung zu stellen. „Durch eine gehörige Portion Neugier und die Freude daran, Zugang zu einem Schriftsystem zu bekommen, das anderen verschlossen bleibt, wird der Lernvorgang begünstigt“, erklärt die Lehrerin, die neben Hebräisch auch katholische Religion und Französisch unterrichtet.

Lisa sieht indes keinerlei Anlass für Bedenken: „Meiner Meinung nach, ist das eine sehr leichte Sprache. Man muss sich einfach genauso wie in anderen Sprachen hinsetzen und die Buchstaben bzw. auch einige Vokabeln und etwas Grammatik lernen. Es ist aber wirklich nicht viel und zudem deutlich leichter als in anderen Sprachen.“ Erleichternd wirke zudem, dass sie das Fach ansprechend und interessant fände. „Neben der Sprache an sich finde ich aber auch die Schrift total schön. Außerdem habe ich Freunde aus Stufen über mir, die ebenfalls Althebräisch gewählt hatten und damit sehr zufrieden waren. Ich bereue es auch kein bisschen, dass ich dieses Fach gewählt habe“, so die Oberstufenschülerin.

Teilnehmer des Kurses sind keineswegs nur jüdischer Herkunft, neben Christen gebe es auch interessierte Atheisten. Nellessen-Wefers lobt diese Bandbreite, da sich dadurch „spannende und ergiebige Gespräche bei Interpretationsfragen“ ergeben würden.

Aber was bringt einem das Althebräische? „Die in den Stufen 12 und 13 erreichten Noten können natürlich in die Abiturwertung eingebracht werden, aber als krönender Abschluss folgt bei mindestens ausreichender Leistung die Bescheinigung des Hebraicums auf dem Abiturzeugnis“, sagt Nellessen-Wefers. Aber auch für das Neuhebräische, das in Israel als Landessprache gesprochen ist, bilde Althebräisch eine wichtige Basis. „Der grundlegende Unterschied besteht darin, dass für die moderne Sprache eine aktive Sprachbeherrschung notwendig wird“, erklärt Nellessen-Wefers. 

Schulleiter Dr. Paul-Wolfgang Jaegers betont indes die Bedeutung, die alte Sprachen noch heutzutage haben: „Ich habe im Laufe meines Lebens und im Laufe meines Studiums festgestellt, wie wichtig es ist, dass man die Grundlagen kennt. Ich persönlich habe es beispielsweise immer als Makel angesehen, dass ich als Schüler kein Griechisch gelernt hatte.“  Hätte er noch einmal die Chance könnte er es sich „sehr wohl vorstellen“ auch Althebräisch zu wählen.

Ähnlich sieht das Lisa. Sie kann das Fach ebenfalls vorbehaltslos weiterempfehlen: „Absolut! Der Unterricht macht sehr viel Spaß auch wenn es spät am Nachmittag ist. Vor allem weil die Sprache so alt ist, finde ich sie sehr interessant.“

Obwohl das KKG in letzter Zeit seinen Schwerpunkt zunehmend auf das Naturwissenschaftliche gelegt hat, sieht Jaegers für das Althebräische nach wie vor eine Existenzberechtigung: „Wir wollen nicht zu einem mathematisch-naturwissenschaftlichem Gymnasium mutieren, wenngleich wir natürlich da einen Schwerpunkt gelegt haben. Aber die Sprachen gehören einfach zur Tradition des Gymnasiums.“ Da jeder Mensch seine eigenen Stärken habe, sei es nicht sinnvoll, „das Ganze auf einen Schwerpunkt zu reduzieren“.  Das sei am KKG immer so gewesen und werde auch so bleiben.

 (David Grzeschik, EF)

(Aus: AZ/ AN vom 10. Dezember 2012)

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